Arbeitsrechtspraxis: 10 smarte Tipps für Arbeitgeber

Kenntnisse des Arbeitsrechts sind für Arbeitgeber die Basis für eine erfolgreiche und komplikationsfreie Zusammenarbeit mit ihren Arbeitnehmern. Bereits bei der Gestaltung des Arbeitsvertrags haben Sie als Arbeitsgeber viele Möglichkeiten Komplikationen in der Zukunft entgegenzuwirken. Rechtsanwalt Emanuel J. Mourkojannis, Fachanwalt für Arbeitsrecht, gibt Ihnen 10 smarte Tipps rund um das Thema Arbeitsrecht für Arbeitgeber.

  1. Jährliche Zielvereinbarungen treffen: Zielvereinbarungen sind die arbeitsrechtlich flexibelste Möglichkeit wesentliche Teile des Gehalts variabel zu gestalten. Die vereinbarten (oder auch vorgegebenen Ziele – sog. Zielvorgabe) müssen lediglich billigem Ermessen entsprechen und können jährlich neu ausgehandelt bzw. vorgegeben werden und sogar befristet werden und damit für die Zukunft gänzlich entfallen. Die Ziele können individueller Natur sein, aber sich auch auf Teamparameter beziehen. Zudem können die Ziele quantitativer und qualitativer Natur sein sowie sogar weiche Vorgaben enthalten (wie z. B. „Höflichkeit im Kundenumgang“ etc.). Damit bieten sich Zielvorgaben hervorragend als Steuerungsinstrument im Arbeitsverhältnis an.
  2. Wirksame Ausschlussfristen vereinbaren: Arbeitgeber können in Arbeitsverträgen wirksam die Verjährungsfrist von 3 Jahren auf bis zu 3 Monate verkürzen. Dies gilt für sämtliche wesentlichen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wie zum Beispiel Provisions- oder Überstundenabgeltungsansprüche usw. Somit kann der Arbeitnehmer dann immer nur Ansprüche für die letzten drei Monate geltend machen.
  3. Abrufarbeit vereinbaren: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist es möglich beispielsweise 32 Wochenstunden als Arbeitszeit zu vereinbaren und weitere 8 Stunden auf Abruf, so dass letztlich eine 40 Stundenwoche entsteht. Gerät das Unternehmen aber in eine wirtschaftliche Schieflage oder möchte der Arbeitgeber aus anderen Gründen auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers verzichten, kann einseitig, ohne dessen Einwilligung, die Arbeitszeit von 40 auf 32 Stunden reduziert werden.
  4. Widerrufsvorbehalt vereinbaren: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) können Arbeitgeber in Arbeitsverträgen so genannte Widerrufsvorbehalte vereinbaren. Damit können Arbeitgeber sich vorbehalten bis zu 25 % der Vergütung des Arbeitnehmers zu kürzen, wenn es dem Unternehmen wirtschaftlich schlechter geht, zum Beispiel infolge eines bloßen Umsatzrückgangs. Auf diese Weise ist mal als Arbeitgeber in der Lage einseitig ohne Einverständnis der Arbeitnehmer bis zu einem Viertel des Gehaltsniveaus abzusenken, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dies erfordern.
  5. Arbeitsverträge aktualisieren: Arbeitsverträge sind allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen den entsprechenden Verbraucherschutzvorschriften. Viele häufig verwendete Klauseln in den Arbeitsverträgen zu Überstundenabgeltung, Widerrufsmöglichkeiten, Freiwilligkeitsvorbehalten, Rückzahlungsverpflichtungen sowie Stichtagsregelungen in Bezug auf Gratifikationen, Versetzungsklauseln usw. sind daher unwirksam und bedürfen der Anpassung an die geltende Rechtslage.
  6. Compliance Regeln implementieren: Hat man als Unternehmer beziehungsweise Geschäftsführer keinerlei Compliance Regeln implementiert, droht unter Umständen eine Haftung wegen eines so genannten Organisationsverschulden. Wenn Arbeitnehmer sich zum Beispiel im Vertrieb oder im Einkauf vertrags- bzw. gesetzeswidrig verhalten oder sich sogar der Vorteilsgabe beziehungsweise Vorteilsnahme und der Bestechung schuldig machen, kann dies zu empfindlichen Geldbußen führen.
  7. Abmahnungen aussprechen: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht (BAG) bedarf jedes Fehlverhalten eines Arbeitnehmers außerhalb des strafrechtlich relevanten oder des engsten Vertrauensbereichs einer vorherigen Abmahnung, bevor der Arbeitgeber eine Kündigung darauf stützen kann. Die Abmahnung darf außerdem in der Regel nicht älter als ein Jahr und muss einschlägig sein, also ein ähnliches Verhalten betreffen. Da ist es zu empfehlen während eines laufenden Arbeitsverhältnisses jedes Fehlverhalten abzumahnen. Um den Betriebsfrieden nicht zu gefährden, sollte den Arbeitnehmern erklärt werden, dass es sich bei einer Abmahnung nicht um „den Anfang vom Ende“, sondern um ein legitimes Instrument handelt, weitere Fehlverhalten in der Zukunft und damit letztlich Kündigungen zu verhindern.
  8. Überstunden nicht freiwillig ohne Prüfung bezahlen oder ausgleichen: Jede von einem Arbeitnehmer geltend gemachte Überstunde muss erst einmal tatsächlich nachgewiesen werden. Außerdem muss der Arbeitnehmer nachweisen, dass die Überstunde entweder vom Arbeitgeber angeordnet oder aufgrund der zugewiesenen Arbeitsmenge unbedingt notwendig gewesen ist. Erst wenn dem Arbeitnehmer diese Darlegungen (und die Beweisführung) gelungen sind, ist darüber zu befinden, ob die Überstunden abzugelten sind. Diese sind aber dann nicht zwingend in Geld, sondern können auch durch Freistellung abgegolten werden.
  9. Keine offensichtlich unwirksamen Kündigungen aussprechen: Spricht der Arbeitgeber eine unwirksame Kündigung aus, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit sog. Annahmeverzugslohn zu verlangen, also den entgangenen Verdienst seit der Kündigung nachzufordern. Das kann zum Beispiel durch Verschleppung einen Prozesses, für die Dauer nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftig gewonnenen Prozess passieren. Will ein Arbeitgeber sich von einem Arbeitnehmer trennen ohne einen rechtlich zweifelsfrei wirksamen Kündigungsgrund zu haben, muss er sich zwingend im Vorfeld anwaltlich beraten lassen, um seine Handlungsoptionen zu erfahren, wie das Annahmeverzugslohnrisiko ausgeschlossen werden kann. Übrigens: Mündliche Kündigungen sind stets unwirksam, auch wenn sie vom Arbeitnehmer selbst ausgesprochen worden sind.
  10. Aufhebungsverträge statt Kündigung: Im Arbeitsrecht zahlt jeder die Kosten für seinen Anwalt selber, auch wenn er gewinnt. Der gesetzlich festgelegte Streitwert für einen Kündigungsschutzprozess ist mindestens der Quartalsbruttoverdienst des Arbeitnehmers inklusive aller Sonderzahlungen. Dazu kommen noch weitere Beträge für streitige Zeugnisse, Arbeitspapiere oder Zahlungsansprüche etc. Auf diese Weise kommen schnell erhebliche Anwaltskosten auf den Arbeitgeber zu. Diese kann er im Vorfeld in ein Abfindungsangebot an den Arbeitnehmer investieren. Erfolgt ein Aufhebungsvertrag mit einer weder zu hoch, noch zu niedrig bemessenen Abfindung zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist, entstehen in der Regel keine Sperrzeiten für den Arbeitnehmer beim Arbeitslosengeld.

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