Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie

Der Bundestag hat am 25.03.2020 einstimmig einen Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur Abmilderung der Folgen der Covid-19- Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (BT-Drs. 19/18110) angenommen. Das Gesetz bringt befristete gesetzliche Änderungen u. a. im Zivilrecht, Insolvenzrecht sowie im Strafverfahrensrecht.

Die Ausbreitung des neuartigen SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) hat in der Bundesrepublik Deutschland sowie im Rest der Welt zu ganz erheblichen Einschränkungen in allen Bereichen des Privat- und des Wirtschaftslebens geführt, die noch vor wenigen Wochen undenkbar erschienen. Von diesen Einschränkungen sind alle betroffen. Letztlich muss bei der Beantwortung der sich hieraus ergebenden Fragen eine Interessenabwägung vorgenommen werden.

Vertragsrecht: Befristetes „Corona-Leistungsverweigerungsrecht“ / Beschränkungen der Kündigungsmöglichkeit im Mietrecht

Im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch sollen in Art. 240 EGBGB Regelungen zu einem Leistungsverweigerungsrecht und zu einer Beschränkung des Kündigungsrechts eingefügt werden.

1. Müssen meine Kunden jetzt ihre offenen Rechnungen nicht mehr bezahlen?

Die Antwort heißt grundsätzlich: doch müssen sie.

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrechts sieht zum einen lediglich vor, dass Verbrauchern und Kleinstunternehmern (siehe auch Punkt 4) ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Ein solches besteht zudem nicht bei allen Verträgen, sondern nur bei Dauerschuldverhältnissen, die zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge erforderlich sind.

Leistungsverweigerungsrecht bedeutet auch nicht, dass Zahlungspflichten erlöschen. Sie sind nur vorübergehend nicht durchsetzbar. Die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln über Fälligkeit und Verzug werden hierdurch nicht berührt, auch nicht die allgemeinen Vorschriften zur Kündigung beispielsweise aus wichtigem Grund.

2. Bei welchen Verträge greift das Gesetz?

Ein Recht des Schuldners zur Einstellung von Leistungen aus vertraglichen Verpflichtungen besteht nur bei für ihn wesentlichen Dauerschuldverhältnissen, die vor dem 8. März 2020 geschlossen wurden. Voraussetzung ist, dass

  • der Schuldner aufgrund der Folgen der Covid-19-Pandemie außerstande ist, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen,
  • ohne seinen angemessenen Lebensunterhalt oder den seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen zu gefährden.

Das Leistungsverweigerungsrecht besteht also nicht bei Kauf- oder Werkverträgen, da es sich hierbei nicht um Dauerschuldverhältnisse handelt.

Die Regelung gilt ausdrücklich auch nicht für Miet- und Pachtverhältnisse, da hierfür eine gesonderte Regelung gilt, nicht für Verpflichtungen im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen und nicht für Darlehensverträge.

3. Was ist ein wesentliches Dauerschuldverhältnis?

Ein Dauerschuldverhältnis ist ein Vertragsverhältnis, bei dem die geschuldete Leistung in wiederkehrenden, sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Leistungen besteht, z.B. Miete, Pacht, Darlehen, Dienstverträge, Fitnessstudioverträge, Gesellschaftsverträge, Versicherungsverträge. Diese zählen mit Ausnahme der Miet- und Pachtverhältnisse (siehe Frage 8), für die jedoch besondere Regelungen aufgenommen wurden, nicht zu für den Schuldner wesentlichen Dauerschuldverhältnissen.

Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die Vorschrift für Leistungen der Grundversorgung wie Strom, Gas, Telekommunikation gelten, von denen Verbraucher und Kleinstunternehmer nicht abgeschnitten werden sollen.

4. Wer ist ein Verbraucher und wer ist Kleinstunternehmer?

Verbraucher ist gemäß der Legaldefinition in § 14 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

Das Gesetz verweist für die Bestimmung, wer als Kleinstunternehmer einzustufen ist, auf die Definition der EU- Empfehlung 2003/361/EG. Danach ist Kleinstunternehmer, wer bis zu 9 Mitarbeiter beschäftigt und höchstens 2 Mio € Umsatz p.a. macht oder eine Bilanzsumme von höchsten 2 Mio. € hat.

5. Gibt es Besonderheiten im geschäftlichen Verkehr (B2B)?

Nur Kleinstunternehmern wird das Recht eingeräumt, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Dauerschuldverhältnis steht, zu verweigern, wenn

  • das Unternehmen die Leistung infolge von Umständen, die auf die Pandemie zurückzuführen sind, nicht erbringen kann oder
  • dem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.

Das Leistungsverweigerungsrecht betrifft auch in diesem Fall nur die wesentlichen Dauerschuldverhältnisse, die zur angemessenen Fortsetzung des Erwerbsbetriebes erforderlich sind. Auch hier hatte der Gesetzgeber die Leistungen der Grundversorgung im Blick.

6. In welchen Fällen und bei welchen Verträgen besteht kein Leistungsverweigerungsrecht zu?

Das Leistungsverweigerungsrecht greift nicht, wenn die Ausübung für den Gläubiger unzumutbar ist, weil hierdurch die wirtschaftliche Grundlage seines Gewerbebetriebs gefährdet würde.

Für Kleinstunternehmer gilt es auch dann nicht, wenn die Nichterbringung der Leistung zu einer Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts des Gläubigers oder seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen führen würde.

7. Wie lange besteht das Leistungsverweigerungsrecht?

Das Leistungsverweigerungsrecht gilt nur für Verpflichtungen aus Dauerschuldverhältnissen, die vor dem 8. März 2020 begründet wurden und ist befristet auf den 30.6.2020.

Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, das Leistungsverweigerungsrecht durch Rechtsverordnung bis zum 30.9.2020 zu verlängern.

8. Darf ein Mieter die Zahlung der Miete verweigern?

Jedenfalls nicht mit der Begründung, dass er aufgrund der Folgen der Covid-19-Pandemie außerstande ist, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen.

Das Zurückbehaltungsrecht gilt ausdrücklich nicht für Miet- und Pachtverhältnisse.

9. Gelten Besonderheiten für gewerbliche Mieter?

Hier gilt grundsätzlich das Gleiche. Ist ein Gewerbemieter von Anordnungen / Schutzmaßnahmen betroffen, wonach das Gewerbe für einen gewissen Zeitraum zu schließen ist, führt diese öffentlich-rechtliche Maßnahme nicht dazu, dass er daran gehindert wird, die von ihm gemieteten Räume zu nutzen. § 536 BGB greift nicht ein. Eine Minderung der Miete tritt nur dann ein, wenn ein Mietmangel vorliegt. Behördliche Verfügungen stellen nur dann einen Mangel der Mietsache dar, wenn sie nicht auf der Person des Mieters beruhen, sondern ihren Grund in dem Objekt haben und der Mieter in seinem vertragsgemäßen Gebrauch tatsächlich eingeschränkt ist. Das ist jedoch regelmäßig nicht der Fall.

10. Besteht ein außerordentliches Kündigungsrecht des Vermieters, wenn die Miete nicht gezahlt wird?

Das Recht der Vermieter zur Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen wird eingeschränkt.

Mietschulden, die in dem Zeitraum 1.4.2020 bis 30.6.2020 pandemiebedingt entstehen, berechtigen den Vermieter oder Verpächter nicht zur Kündigung des Miet- oder Pachtverhältnisses. Den Zusammenhang zwischen der Pandemie und der Nichtleistung muss der Mieter glaubhaft machen. Von dieser Regelung kann nicht durch eine Individualabsprache zum Nachteil des Mieters abgewichen werden. Die Zahlungsverpflichtung als solche bleibt allerdings bestehen. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.

Die Kündigungsbeschränkung endet mit Ablauf des 30. Juni 2022. Wegen Zahlungsrückständen, die zwischen dem 1.4.2020 und dem 30.6.2020 eingetreten sind und die bis zum 30.6.2022 nicht ausgeglichen sind, kann anschließend wieder gekündigt werden.

Die allgemeinen Regeln über Fälligkeit und Verzug werden hierdurch nicht berührt.

Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung die Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände die im Zeitraum 1.7.2020 bis längstens 30.9.2020 entstanden sind zu erstrecken.

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