Neues Bauvertragsrecht – VOB/B oder nicht VOB/B, das ist hier die Frage

Für Bauverträge, die seit dem 1. Januar 2018 geschlossen wurden und werden gilt das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts. Es ist ein Meilenstein und beinhaltet erstmals auf die verschiedenen Vertragstypen des Bauvertragsrechts zugeschnittene Regelungen. Bislang enthielten weder das BGB noch das HGB ausdrückliche Regelungen zum Bauvertragsrecht. Für den Bau einer ICE-Trasse galten die gleichen Vorschriften wie für den Hufbeschlag.

Das gesetzliche Werkvertragsrecht des 1900 geschaffenen BGB war in seiner ursprünglichen Form als Rechtsrahmen für Bauleistungen aus verschiedenen Gründen vielfach ungeeignet. Die Vertragsparteien mussten das selbst regeln. Sie taten dies z.B. durch Vereinbarung von Abschlagszahlungen oder von Terminplänen. Es ist aber mühsam, für jeden neuen Vertrag einen – passenden – Rechtsrahmen von Grund auf neu zu erschaffen, weshalb es für die institutionell organisierten Baubeteiligten nahe lag, ein auf die Durchführung von Bauarbeiten universell anwendbares, jederzeit aus der Schublade zu ziehendes, Regelwerk zu schaffen, welches aber den spezifischen Bedürfnissen des Baugeschehens entgegenkam. Die öffentlichen Bauauftraggeber und die Bauindustrie einigten sich bereits erstmals 1926 im Reichsverdingungsausschuss auf allgemeingültige und von beiden Seiten zu beachtende Regelungen – die Verdingungsordnung für Bauleistungen, die mittlerweile Vertrags- und Vergabe Ordnung für Bauleistungen heißt.

Die VOB/B in ihren zahlreichen im Laufe der Zeit geänderten Fassungen enthielt alles, was das gesetzliche Werkvertragsrecht nicht enthielt. Daneben wurde mit der VOB/B auch der Versuch unternommen, einzelne Punkte für Bauvorhaben besser zu regeln, als es das Gesetz tat. Entgegen weit verbreiteter Auffassung ist die VOB kein Gesetz. Sie muss als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) in den Vertrag einbezogen werden, was die meisten Handwerksbetriebe – häufig ohne wirklich zu wissen was sie da tun – machen. Die Besonderheit bei AGB ist, dass sie – anderes als für den Einzelfall getroffene Vereinbarungen – der vollen gerichtlichen Kontrolle im Hinblick auf ihre Billigkeit unterliegen (Inhaltskontrolle). Sie dürfen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen. Das ist dann der Fall, wenn sie von gesetzlichen Regelungen abweichen und die Abweichung mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Wird die VOB/B gegenüber Verbrauchern gestellt, dann findet immer eine Inhaltskontrolle statt. Bei Verwendung gegenüber einem Unternehmer findet eine Inhaltskontrolle gemäß § 310 Abs.1 BGB nur dann nicht statt, wenn die VOB/B ohne Änderungen einbezogen wird. Im Ergebnis führt dies dazu, dass es auch in Unternehmerverträgen immer zur Inhaltskontrolle jeder einzelnen Bestimmung der VOB/B kommt, weil diese nie ohne jede Abweichung vereinbart wird.

Der Gesetzgeber hat in Kenntnis der VOB/B spezielle Probleme des Bauvertragsrechts mit einer neuen gesetzlichen Regelung versehen, z.B.:

  • Die Änderung der Leistung und Anpassung der Vergütung;
  • die Behandlung schwerwiegender Vertragsverstöße;
  • das Problem, dass der Besteller den Unternehmer durch Verweigerung der Abnahme in einer rundum nachteiligen Situation festhalten kann;
  • die für den Auftraggeber verständliche und prüfbare Abrechnung der gesamten Bauleistung und des dafür verlangten Werklohnes.

In allen Fällen hat sich der Gesetzgeber entschieden, nicht die Regelungen der VOB/B zu diesen Punkten zu übernehmen, sondern eine völlig neue, eigenständige Regelung im Gesetz zu finden.

So gut oder schlecht das neue gesetzliche Baurecht sein mag – die Regelungen sind meines Erachtens mindestens so gelungen wie die der VOB/B - es ist geltendes Gesetzesrecht. Die VOB/B weicht von den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in vorgenannten Punkten ab – wie stark, ist umstritten und muss durch die Gerichte geklärt werden. Zur naheliegenden Lösung die VOB/B den neuen gesetzlichen Regelungen anzupassen, hat sich der Hauptausschuss Allgemeines (HAA), der auf Anregung des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen (DVA) die Rechtslage überprüft hat, nicht durchringen können. Begründet wird das damit, dass der HAA zunächst die Entwicklung der Rechtsprechung zum neuen gesetzlichen Bauvertragsrecht, insbesondere unter AGB-rechtlichen Aspekten, verfolgen will und daraus ggf. Veränderungsbedarf in der VOB/B ableiten

Fazit:

Derjenige, der die VOB/B in den Vertrag einbezieht, trägt ein erhebliches Risiko, dass er bei gerichtlich festgestellter Unwirksamkeit einzelner Klauseln seinem Vertragspartner die Möglichkeit einräumt, sich jeweils das Schönste aus VOB/B und Gesetz heraussuchen. Öffentliche Auftraggeber sind nun gezwungen, ein Regelwerk zu stellen, welches vom dispositiven Gesetzesrecht abweicht und der Inhaltskontrolle unterliegt. Es bleibt nur, die VOB/B ohne Abweichungen einzubeziehen, was die verkürzte Mängelhaftungfrist und die Bestimmungen zur fiktiven Abnahme zur Folge hätte. Auch für den Unternehmer ist die Einbeziehung ohne Abweichungen keine befriedigende Lösung, da sie mehr Regelungen enthält, die zu seinem Nachteil von den gesetzlichen Regelungen abweichen, insbesondere die Regelungen zur Anordnung einer geänderten Leistung und der sich daraus für den Unternehmer ergebenden Vergütung.

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