Weniger Mietzahlung durch die Covid-19-Pandemie?

Nachdem bereits in dem Blogeintrag vom 18.03.2020 darauf eingegangen wurde, welche Auswirkungen die behördlichen Maßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie  auf bestehende gewerbliche Mietverhältnisse haben, soll hierauf noch einmal detailliert eingegangen und zugleich ein rechtlicher Ausblick gewagt werden, wie Mieter, die von den derzeitigen Maßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie betroffen sind, eine Anpassung des Mietverhältnisses verlangen können.

Kein Recht zur Mietminderung wegen der Covid-19-Maßnahmen

Wie bereits in dem vorangegangenen Blogeintrag ausgeführt wurde, gilt im Mietrecht der subjektive Mangelbegriff, wonach ein Mangel vorliegt, wenn die Ist-Beschaffenheit von der vertraglich geschuldeten Soll-Beschaffenheit negativ abweicht. Ist beispielsweise ein Ladenlokal zum Betrieb eines Friseurgeschäft vermietet, dann muss der Mietgegenstand während der gesamten Mietdauer in baulich technischer und in rechtlicher Hinsicht dazu geeignet sein. Rechtlich geeignet ist der Mietgegenstand dann, wenn sein vertraglicher Gebrauch nicht verboten ist. Nun könnte man meinen, dass bei der derzeitigen Untersagung der Nutzung des Mietgegenstandes ein Mangel vorliegt. Dieser Grundsatz findet seine Grenzen jedoch in der gesetzlichen Risikoverteilung zwischen Vermieter und Mieter. Diese weist dem Vermieter das Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietgegenstandes zu und dem Mieter das Verwendungs- bzw. Ertragsrisiko.

Im Rahmen seiner Rechtsprechung zu den Rauchverboten in Gaststätten hat der BGH gesagt, dass eine rechtliche Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit nur dann vorliegt, wenn die bewirkte Gebrauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Pachtobjektes in Zusammenhang steht (BGH, NJW 2011, S. 3151). Die aktuellen Covid-19-Betriebsverbote stehen jedoch in keinem Zusammenhang mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietgegenstandes. Sie betreffen vielmehr alle in ihrem Geltungsbereich vorhandene Mietflächen bestimmter Nutzungsarten und knüpfen an Gefahren an, die sich aus dem Verhalten bzw. der Ansammlung von Besuchern des Mietgegenstandes ergeben. Ein Recht zur Mietminderung besteht daher nicht.

Anpassung des Vertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage

Es gibt jedoch Fälle, in denen der Mieter durch die behördlichen Maßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie und das ihn treffende Betriebsverbot existenziell betroffen ist. Hierzu wird diskutiert, ob die Vertragsparteien unter diesen Umständen eine Anpassung des Vertrages verlangen können.

Im Schuldrecht gilt der Grundsatz der Vertragstreue, wonach geschlossene Verträge auch dann einzuhalten sind, wenn sie für eine Partei aufgrund nach dem Vertragsschluss eingetretener Umstände nachteilig geworden sind. Jedoch eröffnet § 313 Abs. 1 BGB eine Ausnahme vom Grundsatz der Vertragstreue, wenn sich nach dem Vertragsschluss Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, so schwerwiegend geändert haben, dass die Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten und ihnen ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Abweichungen vom Grundsatz der Vertragstreue können daher nur in extremen Ausnahmefällen gelten, ansonsten verbleibt es bei dem vom Mieter zu tragenden Verwendungsrisiko. Der BGH hat hierzu in einem jüngst ergangenen Urteil (BGH NJW 2020, S. 331) ausgeführt, dass ein Ausnahmefall nur dann vorliegt, wenn eine „unvorhergesehene Entwicklung mit existenziell bedeutsamen Folgen für eine Partei“ eingetreten ist. Es kommt also darauf an, ob die Covid-19-Pandemie für eine Partei mit existenziell bedeutsamen, unzumutbaren Folgen verbunden ist. Leider kann zu der Grenze der Zumutbarkeit keine pauschale Auskunft gegeben werden. Diese ist vielmehr  von der Art des Vertrages, der aufgetretenen Störung und den Umständen des Einzelfalls abhängig. Es kommt also darauf an, welche Rolle der Mietgegenstand in Gesamtbetrieb des Mieters darstellt und ob und welche anderen Einkommensquellen dem Mieter zur Verfügung stehen. Hierbei ist auch bedeutsam, ob der Mieter staatliche Hilfsmaßnahmen in Anspruch nehmen kann.

Empfehlung für die Mietpraxis

Ist ein Mieter existenziell von der Covid-19-Pandemie  und dem behördlichen Betriebsverbote betroffen, empfiehlt es sich, den Vermieter zu Verhandlungen über eine Anpassung des Mietvertrages aufzufordern. Ist ein solcher Anspruch nach dem Vorgesagten begründet, besteht eine Mitwirkungspflicht des Vermieters zur ergebnisorientierten Verhandlung des Vertrages. Verschließt sich der Vermieter einem berechtigten Anpassungsverlangen, kann er zum einen schadensersatzpflichtig werden und zum anderen kann der Mieter die Anpassung gerichtlich geltend machen.

Im Rahmen von Anpassungsverhandlungen muss jedoch keineswegs nur über die Reduzierung der Miete diskutiert werden, sondern es lohnt sich auch über flexible Mietmodelle nachzudenken. Dies kann zum einen die Stundung der Mietzahlung oder die (teilweise) Aussetzung der Mietzahlungspflicht sein. Hierbei sollte jedoch eine flexible Befristung der Vertragsänderung aufgenommen werden, um Nachverhandlungen zu vermeiden, wenn Betriebsverbote oder -beschränkungen länger andauern als erwartet. Zum anderen gewinnen moderne Mietmodelle wie die Umsatzmiete an Bedeutung. Diese ist beispielsweise bei Einzelhandelsgeschäften in Einkaufszentren, Hotels oder Kinos bereits üblich. Verboten ist sie lediglich bei der Vermietung von Apotheken (§ 8, S. 2 ApoG).

Die Umsatzmiete sieht vor, dass der Mieter zusätzlich zu einer Grundmiete einem bestimmten Anteil seines im Mietobjekt erzielten Umsatzes an den Vermieter zahlt. Dies hat für den Mieter den Vorteil, dass er in den aktuell umsatzschwachen Zeiten Mietkosten spart. Im Gegenzug kann der Vermieter bei geschäftlichem Erfolg des Mieters eine erheblich höhere Miete erzielen, als mit einer feststehenden Miete. Des Weiteren gewährt die Teilhabe am Umsatz dem Vermieter indirekt einen Inflationsausgleich.

Es lohnt sich also, die Krise dafür zu nutzen, um über neue Mietmodelle nachzudenken.

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